Augur mit Krummstab

Ein Augur war ein römischer Beamter, der zu ergründen hatte, ob ein vom Staat oder von einem pater familias - Familienoberhaupt geplantes Unternehmen den Göttern genehm sei. Er verkündete den Götterwillen, den er aus dem Flug und dem Geschrei der Vögel und anderer Tiere las (Auspizien, v. lat.: auspicium = Vogelschau). Der Augur war an sich kein eigentlicher Priester, d. h. ein zum Opfern berechtigter und zu diesem Berufe angestellter Beamter. Allerdings konnte das Augurat von Priestern im Sinne einer Ämterkumulation übernommen werden. Das Zeichen der Auguren war ein Krummstab (lituus). Die Übertragung des Amts von einem Auguren auf seinen Nachfolger nannte man inauguratio.

Der Augur bezeichnete mit dem Krummstab einen gewissen viereckigen Bereich in der Natur, das sogenannte Templum, welcher, manchmal auch orientiert - also nach Osten ausgerichtet - , der Beobachtung diente. Hier übte der Augur dann die Contemplation, so der Fachausdruck, d. h. er achtete auf die verschiedenen Signa - Zeichen. Deren gab es zwei Hauptklassen, die Auguria impetrativa - erbetenen Zeichen und die Auguria oblativa - die ungünstigen Zeichen. Des weiteren gab es fünf verschiedene Arten von Zeichen, von denen eines ex quadripedibus - von den Vierfüßern lautet, was uns darauf hinweist, dass die Beschränkung auf Vögel eine Engführung der Späteren darstellt.

Der Wortstamm von Augur und Augurium selbst wird von manchen (Wissowa) mit dem lat. augere - vermehren in Zusammenhang gebracht, und man verweist dabei auf ein angenommenes Fruchtbarkeits- und Vermehrungsritual im Zusammenhang mit dem Krummstab Lituus. Dabei bleibt allerdings offen, wie dann die historisch greifbare Funktion der Vogelschau eintrat. Es kann sein, dass wegen derselben Anlautung das Vergessene auf das in Übung stehende übertragen wurde. Das lat. Auspex - Vogelschauer leitet sich ab von auis - der Vogel und spectare - schauen.

Anfangs gab es in Rom drei Auguren, später waren es neun. Seit Sulla gab es fünfzehn und seit Caesar sechzehn. Ursprünglich war die augurische Priesterschaft dazu da, um eine Vermehrung der Ernte oder eine Mehrung des staatlichen Wohls zu erbitten. Später übernahmen die Funktion der Augurn die etruskischen Haruspices, die Leberdeuter.

Heutiger Sprachgebrauch

Noch heute wird im allgemeinen Sprachgebrauch der Begriff "Augure" verwendet, wenn es sich um eine Aussage handelt, die auf zukünftige Ereignisse Bezug nimmt. Bsp.: "Ich weiß nicht, ob wir Erfolg haben werden, wenn wir das Produkt wirklich einsetzen sollten." --> Dies wird als "Augurenspruch" betrachtet. Die Inauguration lebt als Bezeichnung für die Einführung hoher Würdenträger in ein Amt in verschiedenen modernen Sprachen fort.

Ein "Augurenlächeln" bezeichnet im übertragenen Sinne das wissende Lächeln eines Eingeweihten, der um die Zukunft weiß.

Das italienische Wort Auguri für Glückwunsch leitet sich von den Auguren ab.


Die zwei Auguren , Jean-Leon Gerome

Literatur

  • Eisenhut, Werner: Augures In: Der kleine Pauly, Bd. 1, 1964, Sp. 734.
  • Walde-Hoffmann: Lateinisches etymologisches Wörterbuch; Heidelberg, 1982

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