Valentinian I.

Valentinian I. (Flavius Valentinianus; * 321 in Cibalae [wahrscheinlich Mikanovici], Pannonien; † 17. November 375 in Brigetio bei Komárom im heutigen Ungarn) war von 364-375 römischer Kaiser im Westen. Als sein Hauptverdienst gilt die weitgehende Sicherung der Rheingrenze zu den Germanen

Leben

Aufstieg

Valentinian trat früh in die römische Armee ein, wurde um 360 Tribun der scutarii und begleitete Kaiser Julian nach Antiochia. Er behielt seinen Posten, obwohl er sich weiterhin offen zum Christentum bekannte.[1] Nach Jovians Tod wurde Valentinian zum Kaiser proklamiert (26. Februar 364). Er verstieß seine erste Frau Valeria Severa, Mutter seines ältesten Sohnes Gratian, und heiratete die Sizilianerin Justina, welche ihm einen zweiten Sohn schenkte, Valentinian II.

Herrschaft

Kampf gegen die Germanen

Valentinian residierte zunächst in Mailand, dann in Paris und später vor allem in Trier. Bald nach seinem Regierungsantritt ernannte er in Naissus auf Drängen des Heeres einen Mitkaiser (Augustus), nämlich seinen Bruder Valens, dem er den Ostteil des Imperiums übergab, allerdings ohne Illyricum und Griechenland.

365 eilte Valentinian nach Gallien, um die dort eingedrungenen Alamannen und Burgunder zu stoppen. Die Alemannen wurden bei Charpeigne und Châlons-sur-Marne besiegt, eroberten jedoch 367 Mainz. Kurz darauf siegte Valentinian auf der Schlacht bei Solicinium (bei Sulz am Neckar), allerdings nur unter schweren Verlusten. Valentinian verstärkte jedoch auch die Grenzverteidigung am Rhein, was nachhaltige Wirkung haben sollte.

Die Grenzverteidigung Valentinians war ganz auf eine „Vorwärtsstrategie“ ausgerichtet. Dies brachte ihm teils Kritik aus den Reihen seiner Generäle ein, da das Imperium nicht immer über die dafür nötigen Ressourcen verfügte; dies ging besonders zu Lasten Africas und der Donau, wo es zu Kämpfen mit den Quaden kam. Hinsichtlich der Zurückdrängung der Alamannen, die nur unter Aufbietung aller Kräfte möglich war, kam dem Kaiser zugute, dass die Alamannen über keine zentrale Führung verfügten und teils sogar dem Kaiser ihre Dienste anboten. An den anderen Grenzen zeigte sich auch die Überspannung der Kräfte; auf Dauer hätte Valentinian diese Strategie wohl nicht aufrecht erhalten können.


Kämpfe in Britannien und Africa

367 ernannte der schwer erkrankte Valentinian seinen ältesten Sohn Gratian zum Mitkaiser im Westen. Der Kaiser stützte sich jedoch nicht nur auf Familienmitglieder wie Valens und Gratian. Valentinians bester General war ein Spanier mit Namen Flavius Theodosius, der Vater des späteren Kaisers Theodosius I. Ihm gelang es, die Überfälle der Pikten und Skoten in Britannien zu unterbinden und wieder Ruhe auf der Insel herzustellen; zudem reorganisierte er die örtliche Zivil- und Militärverwaltung. Von Bedeutung war daneben der germanische Heermeister Flavius Merobaudes, der maßgeblich an der Ausrufung von Valentinians Sohn Valentinian II. zum Kaiser beteiligt war.

Als schließlich 372 in Africa eine Rebellion unter Führung des Firmus ausbrach, schlug Flavius Theodosius auch diese nieder. Der Aufstand war jedoch sicherlich ein Warnsignal für Valentinian, denn auch römische Truppen hatten sich den Aufständischen angeschlossen. Die Provinz hatte seit längerer Zeit mit Überfällen von Stämmen wie den Austorianern zu kämpfen; Valentinian hatte nicht die Mittel oder die Zeit gehabt, sich vorher um diese wichtige Provinz zu kümmern, da seine ganze Aufmerksamkeit der Rheingrenze galt.


Tod und Nachfolge

Im Juni 374 bekämpfte Kaiser Valentinian in Illyrien die Einfälle der Quaden und Sarmaten. Sein Hauptquartier schlug er in Brigetio (Komárom-Szöny) auf, wo er während der Verhandlungen mit den Quaden starb. Todesursache war vermutlich ein Schlaganfall, der von einem Wutausbruch des Kaisers ausgelöst wurde. Sein Leichnam wurde in Konstantinopel beigesetzt.

Die von ihm begründete Dynastie sollte im Westen nach dem Tode seines Sohnes Valentinian II. im Jahre 392 über seine Enkelin Galla Placidia und deren Sohn Valentinian III. noch bis 455 andauern, im Osten jedoch nur bis zum Tod seines Bruders Valens in der Schlacht von Adrianopel 378. Theodosius I., der Sohn des Flavius Theodosius, der in zweiter Ehe Galla, eine Tochter Valentinians I heiratete, übernahm schließlich die Macht im Gesamtreich und begründete damit die letzte Dynastie im alten römischen Reich.


Bewertung

In den Quellen (vor allem Ammianus Marcellinus und Zosimos) wurde seine Kompetenz als hoch eingeschätzt; dem folgt die moderne Forschung in weiten Teilen. Besonders im militärischen Bereich schaffte Valentinian Beachtliches, vor allem wenn man bedenkt, in welcher Lage sich das Imperium nach der Regierungszeit Julians und Jovians befand. Valentinian schaffte es, die Rheingrenze zu stabilisieren und mehrere Siege über die Germanen zu erringen.

Valentinians Charakter soll oft brutale Züge offenbart haben, zumal er eine eher niedrige Bildung genossen hatte; dennoch soll er sich durchaus für Kultur interessiert haben (siehe auch Ausonius). Innenpolitisch hatte er zum Senat von Rom ein eher schlechtes Verhältnis, mischte sich aber auch nicht in religiöse Fragen ein und scheint relativ tolerant gegenüber dem Heidentum gewesen zu sein.



Literatur

  • Bernhard Gutmann: Studien zur römischen Außenpolitik in der Spätantike (364–395 n.Chr.), Bonn 1991.
  • Arnold Hugh Martin Jones: The Later Roman Empire, 2 Bde., Baltimore 1986 (Nachdruck).
  • André Piganiol: L’Empire chrétien (325–395), 2. Aufl., bearbeitet von André Chastagnol, Paris 1972 (Erstaufl. 1947).
  • Ernst Stein: Geschichte des spätrömischen Reiches, Bd. 1, Wien 1928.

Weblinks

Anmerkungen

  1. ↑ Allerdings gibt es in der modernen Forschung auch gewisse Zweifel, ob sich denn nun durch ein Bekenntnis zum Christentum überhaupt Nachteile für Valentinian und auch Valens und Jovian ergeben haben. Vgl. dazu Noel Lenski, Were Valentinian, Valens and Jovian Confessors before Julian the Apostate?, in: Zeitschrift für Antikes Christentum 6 (2002), S. 253–276.

Vorgänger Jovian

Römischer Kaiser

Nachfolger Valens, Gratian und Valentinian II.



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