Ödipus

Ödipus (altgriechisch Οἰδίπους, Oidípous, heute Οιδίποδας, Idípodas) ist eine Gestalt der griechischen Mythologie. Er ist ein Sohn des Laios, des Königs von Theben, und dessen Frau Iokaste, die er später seinerseits zur Frau nimmt.

Ödipus (griechisch Oidípous, oft auch Oidipus genannt) ist eine Gestalt aus der griechischen Mythologie. Er ist der Sohn von Laios, dem König von Theben, und dessen Frau Iokaste. Weil Laios von einem Orakel prophezeit worden ist, dass er von seinem Sohn getötet werden würde, lässt er dem Neugeborenen die Füße durchstechen und zusammenbinden und ihn so im Gebirge aussetzen.
Sagenkreis

König Laios von Theben hatte einst die Gastfreundschaft des Königs Pelops - nach dem der Peloponnes benannt ist - missbraucht, indem er dessen Sohn Chrysippos entführen wollte, weil er sich in den Knaben verliebt hatte.

Das Orakel von Delphi, sagte Laios daraufhin voraus, falls er sich je unterstehen sollte, einen Sohn zu zeugen, so werde ihn dieser töten und seinerseits des Laios Gemahlin heiraten. Für einen König, der eine Dynastie gründen oder weiterführen soll, ist dieser Spruch natürlich eine Katastrophe. Laios lässt also im Einverständnis mit seiner Frau Iokaste dem Neugeborenen die Füße durchstechen und zusammenbinden und ihn von einem Hirten so im Gebirge aussetzen.

Euphorbos und der kleine Ödipus. Cabinet des Medailles 372

Die Kindheit von Ödipus. Periboia, Hermes und die Nymphe Euböa

Der Hirte aber hat Mitleid mit dem Neugeborenen und übergibt ihn einem befreundeten Hirten in Korinth. Über diesen gelangt Ödipus zum Königspaar Polybos und Merope von Korinth, welches ihn adoptiert und nach seinen geschwollenen Füßen Oidipus (deutsch: "Schwellfuß") nennt. In neuerer Zeit ist diese Etymologie des Namens angezweifelt worden. Einige Graecisten schlagen vor, "Oidipous" mit "Der, der alles weiß" zu übersetzen (siehe: Der entzauberte Ödipus Ursprünge und Wandlungen eines Mythos Christlieb, Wolfgang Nymphenburger Verlag). In Korinth wächst Ödipus liebevoll auf, ohne von seiner Herkunft zu wissen. Als er erwachsen ist, macht ein Betrunkener auf einem Fest Andeutungen, denen zufolge er nicht der leibliche Sohn seiner Eltern sei. Ödipus ist beunruhigt, die Antwort von Polybos und Merope befriedigt ihn nicht und so befragt er schließlich seinerseits das Orakel. Als ihm dieses verkündet, er werde seinen Vater töten und seine Mutter zur Frau nehmen, bricht er in die Ferne auf, damit sich die Prophezeiung an seinen vermeintlichen Eltern in Korinth erfülle.

An einer engen Weggabelung im Gebirge trifft er einen Wagen und gerät in heftigen Streit mit dem Fahrer dieses Wagens, welcher ihm seiner Meinung nach zu langsam ausweicht. In diesem Streit trifft er den Passagier des Wagens tödlich - nichtahnend, dass er damit seinen biologischen Erzeuger Laios getötet hat, womit sich der erste Teil der Vorhersage des Orakels verwirklichte.

Vor den Toren Thebens stößt er auf die Sphinx, welche alle Reisenden verschlingt, die an ihr vorbei wollen und ihr Rätsel nicht lösen können. Ödipus löst das Rätsel, woraufhin sich die Sphinx ins Meer stürzt, und befreit so Theben von der Sphinx. Zur Belohnung wird er als Nachfolger des Laios zum König von Theben ernannt und erhält Iokaste, seine biologische Mutter, zur Frau, mit welcher er die Zwillinge Eteokles und Polyneikes und die Töchter Antigone und Ismene zeugt. So erfüllt sich auch der zweite Teil der Prophezeiungen. Mutter und Sohn wissen jedoch nichts von Ödipus' Tötung von Laios und von ihrer biologischen Verwandtschaft.

Andere Interpretationen gehen davon aus, dass die Mutter Iokaste ihren eigenen Sohn Ödipus (Schwellfuss) an den geschwollenen Füssen und wegen der Ähnlichkeit zum verstorbenen ersten Mann wohl hat erkennen müssen.

Als nach glücklichen Jahren in Theben eine Seuche ausbricht, verkündet das Orakel von Delphi, der Mörder des Laios müsse gefunden werden, damit die Seuche verschwinden könne. Der blinde Seher Teiresias enthüllt widerwillig, von Ödipus dazu gedrängt, Ödipus als den Mörder von Laios. Ödipus glaubt ihm, er untersucht die alten Vorfälle selber und gelangt schließlich zu der Erkenntnis, daß er Laios getötet hat, daß Laios sein biologischer Erzeuger und Iokaste, seine Gemahlin, seine biologische Mutter ist. Daraufhin erhängt sich Iokaste an ihrem Schleier und Ödipus sticht sich mit spitzen Nadeln die Augen aus. Kreon, Bruder der Iokaste, wird nun König von Theben und verbannt Ödipus aus der Stadt. Dieser wandert einige Jahre mit seiner Tochter Antigone umher, bis er in Kolonos bei Athen in einem heiligen Hain für Bittsteller stirbt.

In der Odyssee wird erzählt, dass die Götter die Blutschande aufgeklärt und Epikaste - wie Iokaste bei Homer genannt wird - daraufhin erhängt haben. Andere Legenden berichten, dass Ödipus nur das Werkzeug des Schicksals war und deshalb seinen Vater tötete. Als er später die Wahrheit über sich erfährt, nimmt er sich das Augenlicht und geht von seinen Töchtern Antigone und Ismene begleitet nach Kolonos, wo er auch stirbt.

Eine traurige Geschichte, die in unserer heutigen Zeit durch einen medizinisch abgesicherten Vaterschaftsnachweis hätte verhindert werden können. So hätte keiner der Protagonisten sein Leben oder auch nur sein Augenlicht verlieren müssen. In der griechischen Mythologie stehen viele der beschriebenen Figuren nicht nur für die von ihnen durchlebten Ereignisse, sondern haben vor allem metaphorischen Charakter für Eigenschaften, die sich bei den Menschen widerspiegeln. Das sehr spezielle Vater-Sohn und Mutter-Sohn Verhältnis findet sich bis in die Neuzeit in vielen Familien wieder. Glücklicherweise geht es dort jedoch meist nur um die innerfamiliäre Rangordnung und weniger um Mord und Todschlag.

Ödipus (mit Ismene und Antigone) verurteilt Polyneikes, 1883 , Andre-Marcel Baschet

Fortwirken des Mythos in der Kunst

Sophokles hat Ödipus' Schicksal in mehreren Tragödien gestaltet. Die Ödipus-Dramen von Aischylos und Euripides sind uns nicht erhalten geblieben.

Auch mehrere neuzeitliche Künstler haben den Ödipus-Mythos dargestellt (z. B. Pierre Corneille, Voltaire und Max Frisch in Dramen, Igor Strawinski in einem szenischen Oratorium), zuletzt Andreas Schmitz in seinem Stück "Schwellfußeinlagen", dessen Welturaufführung am 12. Juni 2006 vielbejubelt in Salzburg über die Bühne ging. Handelt es sich bei "Schwellfußeinlagen" um einen übermütigen Jux mit Motiven aus dem Ödipus-Mythos, so ist "König Ödipus - Eine Komödie aus der Alten Zeit" von Anselm Korff die wahrscheinlich erste Ödipus-Komödie, welche den Stoff und den in ihr enthaltenen Konflikt sehr ernst nimmt.

Aufnahme des Mythos in der Wissenschaft

Sigmund Freud benannte ein psychoanalytisches Phänomen nach dem Mythos "Ödipus-Komplex, die Psychoanalyse spricht dementsprechend von einer ödipalen Phase.

Erich Fromm verwirft diese Interpretation Freuds und führt unter Berufung auf Bachofen aus, der Mythos (also alle drei Teile) beschreibe den Kampf zwischen patriarchalischem und matriarchalischem Prinzip. In allen drei Teilen sei somit auf der familiären Ebene der Vaterkonflikt als Autoritätskonflikt zu deuten. Dies schlägt sich auch auf gesellschaftlich-staatlicher Ebene nieder, in Person des Kreon, welcher für das patriarchalische Gesellschaftssystem eintritt, und seiner Konfrontation mit Antigone und Haimon, welche beide die alte matriarchalische Ordnung vertreten. Kreon vertritt die Auffassung, dass die Söhne ihren Vätern zu Diensten sein sollen, das staatliche Gesetz oberste Priorität habe und der Herrscher den Staat und seine Untertanen besitze. Dies muss laut Bachofen zur Zeit des Mutterrechts anders gewesen sein. Aufgrund der Unmöglichkeit, die Vaterschaft in einer promisken Gesellschaft zu bestimmen, müssen früher alle Menschen als Brüder und Schwestern gegolten haben und einzig die Frau konnte ihre Kinder zuordnen. Somit kam der Blutsverwandschaft und dem mütterlich-fürsorglichem Prinzip eine größere Bedeutung zu als staatlichen Bindungen. Das mütterliche Prinzip finde sich jedoch nicht nur in Familie und Gesellschaft wieder, sondern auch in der Religion, weshalb Bachofen darauf hinweist, dass die ältesten Gottheiten Frauen gewesen seien (z.B. Demeter). Ödipus sei in diesem Zusammenhang als einer der letzten Vertreter der matriarchalischen Ordnung zu verstehen.[1]

Immanuel Velikovsky stellte die Theorie auf, dass es sich um eine Wandersage aus dem "hunderttorigen" ägyptischen Theben handeln müsse.

Sophokles hat Ödipus' Geschick in mehreren Tragödien gestaltet. Auch später wurde der Ödipus-Mythos von der Literatur (z.B. bei Pierre Corneille oder Voltaire) immer wieder aufgegriffen. Sigmund Freud interpretierte ihn im Ödipus-Komplex psychoanalytisch.

Weblinks

Siehe auch


Bilder der Griechischen / Römischen Mythologie chronologisch sortiert.. (Englisch)

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Lexikon der Griechischen Mythologie

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