Höhlengleichnis

Das Höhlengleichnis ist das berühmteste Gleichnis Platons und eines der beliebtesten Lesestücke im Philosophieunterricht. Es steht am Beginn des siebten Buches der Politeia, die um 380 v. Chr. entstanden ist. Platons Mentor und "Held" Sokrates entwickelt darin gegenüber dem Dialogpartner Glaukon das folgende Szenario:

Einige Menschen sind von Geburt an in einer Höhle so festgebunden, dass sie dem Licht ständig den Rücken zukehren und immer nur auf eine schwach angeleuchtete Höhlenwand blicken können. Alles, was sich hinter ihnen abspielt, wirft einen Schatten an die Wand. Da sie nichts anderes wahrnehmen, halten die Menschen diese Schattenbilder für die wirklichen Dinge. Dies bleibt auch so, als einer von ihnen, der losgebunden wurde, von draußen in die Höhle zurückkehrt und den anderen über die wahren Verhältnisse Aufschluss zu geben versucht.

Der losgebundene Mensch steht für den Philosophen, der auf dem Weg der Anamnesis zu Weisheit gelangt. Dies den festgebundenen, also noch unaufgeklärten Menschen zu vermitteln, bedeutet ein großes Kommunikationsproblem, das gerade bei Sokrates dessen Todesurteil nach sich zog.

Als Ganzes stellt das Höhlengleichnis eine anschauliche und dramatische Zusammenfassung von Platons Ideenlehre dar. Nach dieser hat jedes sinnliche Ding ein immaterielles, ideelles Urbild, dessen bloßes Abbild es ist.

Mit diesem Gleichnis will Platon seine objektiv-idealistischen Grundgedanken verdeutlichen, dass die raum-zeitliche Welt, in der die Menschen tätig sind, nur ein unvollkommenes Abbild, ein Schatten der wahren, wirklichen Welt der Ideen sei.

Innerhalb der Sinneswelt, deren Dinge ja Abbilder der Ideenwelt sind, gibt es wieder das Verhältnis von Bild und Abbild. Im Höhlengleichnis sind die Schattenbilder an der Höhlenwand Abbilder sinnlich wahrnehmbarer Dinge und Personen. Diese schattenhaften Abbilder sind aber nicht die Sinneswahrnehmungen, sondern die durch Wort und Schrift übernommenen Meinungen irgendwelcher Autoritäten, die dem gefesselten Höhlenbewohner den unbefangenen Blick schon auf die Sinneswirklichkeit verstellen.

Da Platon das Problem des Zusammenhangs dieser von ihm angenommenen Welten lediglich mit der Annahme einer "Teilhabe" der irdischen an der ideellen Welt geklärt zu haben scheint, warf ihm bereits Aristoteles (in: Metaphysik, Buch A, 9) vor, damit eine unnötige Verdoppelung der Welt konzipiert zu haben, bei der zudem der Bewegungszusammenhang völlig ungeklärt sei.




Weblinks

Sonnengleichnis, Linienanalogie und Höhlengleichnis im Zentrum der Politeia, griech./dt.

Höhlengleichnis beim Projekt Gutenberg




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