Ödipuskomplex

Der Ödipuskomplex (nach Ödipus - einem Held der griechischen Mythologie) beschreibt in der psychoanalytischen Theorie Sigmund Freuds das wichtige Entwicklungsstadium, in dem der Junge einen rivalistischen Kampf gegen den Vater (die Vaterinstanz) um die Mutter (die Muttersinstanz) austrägt. Um der Mutter willen will er den Vater töten, und dadurch seinen Platz als Machtträger und seine sexuelle Kraft annehmen. Der günstige Ausgang des Ödipuskonflikts bedeutet, dass das Kind die Vaterinstanz und ihre Autorität anerkennt. Der gleiche Konflikt des Mädchens wird als Elektra-Komplex bezeichnet.

Bei Jacques Lacan erfährt diese Darstellung des Ödipuskomplexes eine Rekonstruktion. Zunächst weist Lacan darauf hin, dass der Ödipuskomplex ein Mythos sei, d.h. eine sprachliche Fiktion. Bei Lacan bedeutet das Auftreten einer Regeln und Gesetz repräsentierenden Instanz (der große Andere in Lacanscher Terminologie) vor allem das Eintreten in den Bereich des Symbolischen - ganz allgemein, in den Bereich des Sprachlichen: dieser Bereich ist ein Bereich der Vermittlung, nicht nur der unmittelbaren (sprachlosen) Aktionen oder Reaktionen.

Der günstige Ausgang des Ödipuskomplexes bei Lacan bedeutet insbesondere die Möglichkeit des Subjekts, sich aus der narzisstischen, dualistischen Relation zu seinem klein anderen lösen zu können. Erst ab diesem Zeitpunkt kann das Kleinkind zwischen sich und "vielen anderen" unterscheiden und sich als soziales Wesen entwickeln, das sich in die Regeln und Gesetze eines gemeinschaftlichen Lebens einfügen kann.

Die Bezeichnung Ödipuskomplex ist insofern jedoch nicht auf die Gestalt des Ödipus der griechischen Mythologie zutreffend, als dass dieser nicht wusste, dass es sich bei der Rivalität gegenüber seinem Vater und der späteren Hochzeit mit seiner Mutter um diese handelte. In diesem Fall wurde von Freud das Opfer Ödipus zum Täter gemacht; eine abstruse Diffamierung von Kleinkindern, denn die Verantwortung für eben jene Beziehungsdefinitionen, auf die ein Kind im wesentlichen nur reagieren kann, liegt eindeutig bei Erwachsenen.

Weblinks

Schlagmann, Klaus: Zur Rehabilitation der Könige Laios und Ödipus oder: Die Lüge der Iokaste (http://www.philosophia-online.de/mafo/heft2001-01/artikel_oedipus.htm)

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